James Fenimore Cooper & Friedrich Gerstäcker

Nach eigener Aussage hat J.F. Cooper mit seinem Lederstrumpf Friedrich Gerstäcker stark beeinflusst. Wir nehmen eine Neuausgabe zum Anlass, einmal auf die Schilderungen Coopers einzugehen. Schon in seinen Amerika-Tagebüchern, verfasst ab 1837, erwähnt der Reisende sein Vorbild:  Er erzählte mir viel von dem früheren Reichthum an Wild, der aber jetzt sehr einer stärkeren Bevölkerung ausriß und klagte über die vielen Jagdverderber die in den Wald gingen und durch ihr vieles Schießen das Wild verscheuchten, ohne je mehr zu erzwecken als einen armen Hirsch zum Krüppel zu schießen; auch rühmte er sich beim Truthahnschießen selten gefehlt zu haben! - Das Truthahnschießen findet noch ganz so hier in Canada statt wie es Cooper so hübsch in seinen „Die Ansiedler“ beschreibt! –

 Anmerkung dazu: Das von Cooper beschriebene Truthahnschießen findet in der Weihnachtszeit statt. Dabei wird auf einen festgebundenen Truthahn so geschossen, daß ihm der Kopf abgeschossen wird – auf eine große Distanz ein sehr schwer zu treffendes Ziel, und sogar der alte Lederstrumpf kommt dabei in Bedrängnis, als ihm das „Schnappen“ seines Gewehres, also das Versagen bei der Zündung, als Fehlschuß angerechnet wird. The Pionieers“, 1823 als erster der Bände erschienen und 1826 bereits bei Johann David Sauerländer, Frankfurt a. M., in deutscher Sprache,  "Übersetzt von Mehreren und herausgegeben von  Christian August Fischer", Bd. 1, 120 Seiten, Bd. 2, ebenda, "Aus dem Englischen übersetzt von Juditta", 135 Seiten; Bd. 3, ebd.,  "Übersetzt von Mehreren und herausgegeben von  Christian August Fischer", 135 Seiten; Bd. 4, ebd., 1827,  "Übersetzt von Mehreren und herausgegeben von  Christian August Fischer", 112 Seiten; Bd. 5, ebd., 1827,  "Übersetzt von Mehreren und herausgegeben von  Christian August Fischer",114 Seiten; Bd. 6, ebd., 1827,  "Übersetzt von Mehreren und herausgegeben von  Christian August Fischer",132 Seiten.

Ebenfalls im Tagebuch berichtet er seiner Mutter vom Tausch seines Gewehres: Mein Doppelgewehr stack aber dem alten Stuart, der ein eifriger Bärenjäger ist, in der Nase und er wollte gar so gern mit mir tauschen gegen eine lange amerikanische Büchse oder sogenannten rifle, ganz dieselbe an die Du wohl schon aus Coopers Roman Der letzte der Mohikaner unter dem Namen the long carabine kennen gelernt hast, erbat mir seine Büche & 20 Dollar gegen meine, und ich war klug genug den Tausch einzugehn.

Gewehr Lederstrumpf

Eine Pennsylvania-Rifle, Replik in der Sammlung des Gerstäcker-Museums

 Hier beschreibt Gerstäcker den Tausch gegen eine der typischen amerikanischen „Rifles“, die zumeist von deutschstämmigen Büchsenmachern aus Pennsylvania stammen. Es handelt sich dabei jedoch um Steinschloßwaffen, deren Zündschloß anfälliger als die Zündhütchen der Perkussionsbüchse ist. Allerdings hat die Waffe einen gezogenen Lauf und ist dadurch auch auf größere Distanz erheblich treffsicherer – und schließlich siegte hier die Vorstellung, ein Gewehr wie Lederstrumpf zu besitzen. Auch versierte Jäger bestätigten übrigens, daß Gerstäcker ein exzellenter Schütze gewesen sein muß. Fast jeder Schuß auf einen Hirsch ist sofort tödlich, während man in Jagdberichten der Zeit häufig liest, daß das waidwunde Stück oft noch mit dem Hirschfänger abgefangen werden muß.  The Last of the Mohicans, 1826 zuerst erschienen und auch auf Deutsch übersetzt, war dieser Roman der erfolgreichste der Lederstrumpf-Reihe: Gerstäcker hat ihn offenkundig intensiv gelesen, andere Leser waren Franz Schubert und Adalbert Stifter, der angeblich durch Cooper zu seinem Hochwald angeregt wurde! Und die Hinweise auf Coopers Werk belegen deutlich: Friedrich Gerstäcker lebte seinem Natty Bumppo, den Lederstrumpf, tatsächlich nach – ganz real und ohne jede Beschönigung vollzieht er das harte Leben seines literarischen Vorbildes. Interessant auch, dass er voraussetzt, dass seine Mutter sich an die Waffe bei Cooper erinnert. Aber für Gerstäcker war es selbstverständlich, dass Cooper auch von Frauen gelesen wurde, wie eine Anmerkung in seinem Roman Nach Amerika, Bd. 1, zeigt:    «Ja, Kinder, Ihr wißt – wir – wir haben doch in den letzten Tagen viel über Nordamerika gesprochen, und auch manches gelesen…. »

 «Ja, die herrlichen Romane von Cooper!» rief Marie rasch.

 

Im Dezember 1841 notierte Gerstäcker im Tagebuch: Auch die Zukunft zeigte mir keine lockenden Bilder – von Allem was mir lieb & theuer war entfernt allein – allein in der weiten Wildniß – sah ich mich mit weißen Haaren auf meine Büchse gelehnt in den Bergen stehn, ein einsamer Jäger. Den alten Hawkeye oder Lederstrumpf muß es doch manchmal recht weh ums Herz gewesen sein!

In seinem "Volksbuch" Nach Amerika, Bd. 1, finden wir folgende Bemerkung:

Er hatte die ganzen Vereinigten Staaten von Nord nach Süd und von Ost nach West durchstreift, und dort teils seinen Geschäften gelebt, teils gejagt, sogar ein kleines Dampfschiff auf dem Arkansas laufen gehabt, mit den Indianern Handel zu treiben, und ihnen die Produkte des Ostens gegen ihre eigenen Fabrikate und den Gewinn ihrer Jagden einzutauschen. Er war nur einmal von jenen wilden, trotzigen Stämmen, die uns Cooper so herrlich und unübertroffen beschrieben, gefangen genommen und zum Opfertod verdammt, und damals wirklich nur durch ein halbes Wunder gerettet worden, und Clara hatte eine ganze Nacht nicht schlafen können, nur in der Angst und Unruhe um die entsetzliche Gefahr, der sich der tollkühne Mensch schon damals ausgesetzt.

Auf die Bezüge zu Cooper in den Romanen Die Regulatoren in Arkansas und Die Flusspiraten des Misssissippi sind die Herausgeber ausführlich in Fußnoten und im Anhang eingegangen. Schreibweisen indianischer Namen und bestimmte Ausdrücke sind stark an Cooper angelehnt.

Schließlich ein weiteres Zitat aus Die Backwoodsmen Nordamerikas, entstanden für die Zeitschrift Das Ausland, publiziert 1845, und aufgenommen in die Mississippi-Bilder.

   Cooper zeigte uns in seinem Hawkeye oder Lederstrumpf einen Backwoodsman; es ist aber einer aus der früheren Zeit, und wenn der auch mit dem jetzigen Squatter des fernen Westens Ähnlichkeit hat, sind es doch im Ganzen zwei sehr verschiedene Menschengattungen.

 



 

 


Alles über Friedrich Gerstäckers Werke

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